
Wahrheit oder Lüge?
Titelbild von Jametlene Reskp von unsplash.com
Kürzlich habe ich gehört weil jemand gesagt hat: „Die Welt wäre ein besserer Ort wenn alle Menschen die Wahrheit sagen.“
Ist das so?
Prinzipiell ist es gut die Wahrheit zu sagen. „Kein falsches Zeugnis reden“ ist auch eins der Gebote Gottes. Also gibt es zumindest in Gottes Welt keine Lüge und alles ist besser. Aber ist das die Ursache, oder eine Auswirkung?
Warum lügen wir?
Die Antwort ist relativ einfach: aus Angst. Wir lügen, weil wir Angst vor einer Strafe haben. Wir lügen, weil wir Angst haben nicht anerkannt zu werden. Wir lügen, weil wir Angst vor der Realität haben. Oder wir lügen, weil wir Angst haben den anderen zu verletzen.
Lügen, um sich zu beschützen.
Meine häufigste Lüge ist wahrscheinlich „Gut.“, wenn man mich fragt wie es mir geht. Würde ich erwähnen, was mir Sorge und Schmerzen bereitet, dann verstärken sich diese und außerdem gehe ich in Gefahr als Schwächling oder Weichei betrachtet zu werden.
Ist das blöd? Durchaus. Macht es die Welt „schlimmer“? Eigentlich nicht. Würde es die Welt besser machen hier die Wahrheit zu sagen? Das hängt ganz vom Gegenüber ab. Wenn er Interesse und Verständnis zeigt und sich die Zeit zum zuhören und trösten nimmt, dann durchaus. Aber hoffentlich meint er das auch ernst und spielt das nicht nur vor.
Lügen, um andere zu schützen.
Wenn mein Gegenüber gekonnt seine Interesse vortäuscht, dann ist das in gewisser Weise auch eine Lüge, aber um mich zu schützen. Eine andere Situation könnte Informationen vorenthalten oder verdrehen um nicht schlechte Emotionen zu wecken.
Machen solche Lügen die Welt schlechter oder besser? Augenscheinlich geht es besser, weil man negative Emotionen vermeidet. Aber nur, wenn sie langfristig gesehen nicht doch noch zum Tragen kommen. Sollte zudem herauskommen, dass Informationen vorenthalten wurden, dann ist das zusätzlicher Schmerz und ein Vertrauensbruch, der nicht so leicht wieder zu heilen ist. Kann man aber über unwichtige, schmerzhafte Dinge schweigen? Ich denke das ist durchaus eine Option.
Die Wahrheit was ich will und denke.
In dem Film, in dem ich das oben genannte Zitat gehört habe, ist ein Experiment darauf eskaliert. Die beteiligten haben ihre innersten Gedanken und Triebe nicht mehr zurück halten können und alles wurde viel schlimmer als am Anfang. Also hat faktisch das Sagen der Wahrheit zur Katastrophe geführt. Ein Paar hat sich zerstritten, weil sie nach 5 Jahren Ehe endlich die Wahrheit gesagt gaben wie sie fühlen und über den anderen denken.
Soll das bedeuten, dass mit Lügen alles besser wird?
Nein. Der Fehler in dieser Situation lag nicht in Lüge oder Wahrheit, sondern in Selbstbeherrschung und Nächstenliebe.
Lügen aus Nächstenliebe?
Um den anderen nicht zu verletzen, durchaus. Aber ob das die beste Möglichkeit zur Heilung ist, bleibt fraglich. Besser ist es den anderen zur rechten Zeit mit Feingefühl an die Wahrheit heran zu führen.
Lügen aus Selbstbeherrschung?
Lass mich ein Beispiel konstruieren. Ich werde gefagt: „Was willst du essen?“ mein sofort aufkommendes Bedürfnis sagt: „Schokopudding!“ Wäre es eine Lüge, wenn ich sage „Brokolisuppe“? Ich denke nicht. Denn obgleich ich das Verlangen nach Schokopudding habe, so weiß ich doch über gesundheitliche Vorteile der Brokolisuppe. Also lasse ich meinen Kopf entscheiden, und lasse mich nicht von meinen Bauch treiben. Selbstbeherrschung und die Entscheidungsgewalt von Verstand über Verlangen zu setzen klingt vielleicht wie eine Lüge („Aber ich fühle mich doch so-und-so.“), aber dennoch hilft es zu einem besseren Leben. (zur besserer Gesungheit im Beispiel.)
Ich sage gerne: „Ich hasse Chocolate-Chip-Cookies, weil die so gut schmecken.“ Damit meine ich genau das. Einmal die Packung angefangen geht sie in wenigen Minuten zu Ende und ich habe meinen Körper etwas belastet.
Selbstbeherrschung!
Beim Essen einkaufen. Bei der Freizeitgestaltung. Und bei der Wahl der Worte. Zumeist ist unser oberflächliches Verlangen nicht hilfreich für unsere langfristige Gesundheit und den zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir sollten daher gut überlegen und feststellen woher das Verlangen kommt. Vieles ist schön, aber nicht alles dient zum besten. Gerade wenn es um andere und um Beziehungen geht, sollten wir eine Entscheidung treffen, die eine gute Entwicklung bewirkt.
„Das, was du willst.“
Nach meinen Beobachtungen ist das eine häufige Aussage bei Paaren. Das soll zum Ausdruck bringen, dass einer seine eigenen Bedürfnisse zurückstellt um den anderen einen Gefallen zu tun. Aus Liebe zum anderen, damit es dem Partner besser geht. Ist es eine Lüge? Nein, weil die eigenen Bedürfnisse bewusst hinter dem Parter gestellt werden. Wenn natürlich die Meinung gewünscht wird, sollte auch die Meinung gesagt werden.
Ich finde es wichtig, die Wahrheit zu sagen. Doch sehe ich es als wichtiger die Worte gut zu wählen und dann ist manchmal nichts sagen die bessere Alternative.