
Missionsreise nach Honduras
Wir waren 63 Tage auf einer Missionsreise.
Was habe ich gemacht? Was habe ich erlebt?
Was habe ich gelernt? Was habe ich mitgenommen?
Was hat sich geändert? Was wird sich ändern?
Ich kann nicht auf alle diese Fragen eine Antwort geben, aber ich versuche etwas zu beschreiben wie es mir in den letzten zwei Monaten ergangen ist.
Meine Erwartungen
Irgendwas habe ich mir schon dabei gedacht, als wir uns auf die Reise vorbereitet haben. Tatsächlich war diese Unternehmung neben den ASI-Kongress im Dezember eines der Dinge, auf die ich mich am meisten gefreut habe. Der nächste Höhepunkt, eine Bibelwoche auf Ski, genannt „Easter-Rallye“ Könnte eventuell ausfallen wegen des Gesundheitsrisikos. Aber das wird sich noch zeigen.
Honduras.
Ein Land mit sehr armer Bevölkerung, schlechten Hygenischen Einrichtungen, sehr hoher Mordrate, vielen Giftigen Tieren und erdrückenden Sonnenschein. – All das war für mich nicht ein Grund vor der Reise Angst zu haben. „Das passt schon. Zwei Monate sind ja auch nicht so viel“ habe ich mir gedacht.
Ein Land mit viel Natur, bunten Vögeln, Stille in der Natur, offenen und freundlichen Menschen und vielen Kindern, die unsere Hilfe gebrauchen könnten. – Das alles habe ich freudig erwartet. „Wir arbeiten für Gott, was kann da schon schief gehen?“ Und wenn es etwas schwieriger wird, dann haben wir uns als Gruppe. Somit ist es auch eine gute Gelegenheit besser zusammen zu wachsen. kurz vor Weihnachten hat mir jemand gesagt: „Es ist verständlich, wenn du noch kein starkes Gruppengefühl hast, ihr seid ja erst 4 Monate zusammen. Aber warte mal bis nach Honduras, das ändert einiges.“
Also gab es kaum etwas für mich zu befürchten. Wird schon gut werden. Außerdem war ich noch nie außerhalb von Europa, im Flugzeug über dem Atlantik und so viele andere aufregende neue Sachen.
Diese Einstellung hat für die erste Woche gehalten.
Unser Unterricht
Die ersten 4 Wochen haben wir uns eingelebt. Um das etwas komfortabel zu gestalten haben wir nur halbtags gearbeitet und die andere Hälfte Unterricht bekommen, wie wir es von Matteson gewohnt sind. Zu den Missionswerk VIDA gehört neben des Gesundheitscenter, Schule und den Plantagen auch eine Missionsschule. Die Leiter der Organisation unterrichten da auch und haben uns etwas von ihren Wissen über Leiterschaft, Management und Finanzen weiter gegeben, während wir in den Morgenandachten betrachtet haben wie wir Gottes Willen für unser eigenes Leben erkennen.
Das sind ziemlich anspruchsvolle Themen. Ich kann hier nicht alles wiedergeben, aber eine Phrase ist immer wieder aufgetaucht, auch wenn nicht ausgesprochen. In der Leitung eines Missionswerkes, aber auch im persönlichen Leben sollen wir immer nach Verbesserung streben.
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„Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ (Matthäus 5, 48)
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Als Christen sind wir das Aushängeschild Gottes, und Gott ist perfekte Liebe und perfekte Ordnung.
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Steck dir hohe Ziele und setze alles daran sie zu erreichen.
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Als Leiter sollen wir ein gutes (perfektes) Vorbild sein.
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Wenn wir selber nicht alles richtig machen, wie können wir das dann von anderen erwarten?
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Lerne selbst bevor du anderen etwas beibringst.
Für mich ist das auch ein weites Feld.
Manchmal steckt in mir auch ein Perfektionist, dann möchte ich alles richtig machen. Aber immer wieder merke ich, dass das Ziel außerhalb meiner Reichweite liegt. Verzweifelt falle ich dann zurück und es ist schwer wieder auf zu stehen und erneut zu versuchen.
Somit war nach einer Woche in Honduras meine Stimmung etwas gedrückt. Zurück auf den Boden der Tatsache. Zurück zu meinen üblichen Schwierigkeiten.
Vorbereitung auf die Schule
Viele von uns durften an der Schule unterrichten – ein anderes Ding, auf das ich mich gefreut habe. Die Schule umfasst die Klassenstufen 1-9 sowie eine Kindergarten- und eine Vorschulgruppe. Insgesamt sind das etwa 100 Kinder. Der Unterricht beginnt aber erst im Februar, weil über Neujahr die meisten Leute der ca. 3000-Seelen Siedlung mit ihren Kindern auf den Kaffeeplantagen weiter oben in den Bergen sind. Das Schuljahr begann somit erst am 03.02. Also hatten wir viel Zeit um uns auf den Unterricht anständig vor zu bereiten. – Ausreichend Zeit?
Die erste Woche haben wir mit generellen Informationen Verbracht.
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Wer übernimmt welche Klasse?
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Was ist das Motto des Jahres?
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Wer schreibt das Mottolied?
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Wer malt das Wandbild zum Motto?
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Wie organisieren wir den ersten Schultag?
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Welche Erwartungen hat man an uns als Lehrer?
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Was sind die Themen, die wir im Unterricht behandeln müssen?
Dann haben wir angefangen unseren Unterricht vor zu bereiten.
Da wir nicht als Aushilfe an der Schule arbeiten, sonders quasi als Vollzeit Angestellte, sind die meisten von uns als Lehrer einer ganzen Klassenstufe eingeteilt worden. Das heißt dann auch die meisten der Fächer unterrichten. Auf den Stundenplan steht Bibel, Englisch, Mathe, Sozialkunde, Wissenschaft, Musik, Sport, Kochen, Kunst, Garten und Spanisch. Eine Mitschülerin von Matteson hat Kunst und Kochen für alle Klassenstufen übernommen und die letzten beiden Fächer wurden von anderen Lehrern unterrichtet. Aber alles andere mussten wir selber vorbereiten und zu Not uns selber anlernen, wenn uns das Fachgebiet nicht vertraut ist.
Drei Wochen verbleiben also für diese Fächer. Ideal wäre am Ende ein Plan zu haben welches Thema in welchen Unterrichtsstunde der Gegenstand ist und wie dieses Präsentiert wird. Dazu dann alle Materialien, Bücher und Kopien bereit haben. – Oh, Materialien! Tja, leider sind nicht alle Lehrbücher oder Arbeitshefte rechtzeitig angekommen, somit musste der ein oder Andere etwas improvisieren. Auch waren nicht ganz alle Themen klar oder Lehrer vollständig eingeteilt. Zur Unterstützung in unser Kollegium hatten wir nach und nach aber noch 2 Absolventen der Missionsschule Vorort aus dem letzten Jahr bekommen, sowie 2 junge Damen aus Amerika, eine aus Österreich, und eine Lehrerin aus Kanada mit ihrer 10-jährigen Tochter.
In zwei Wochen der Vorbereitung habe ich nicht sonderlich viel geschafft. Bis dahin hatte ich nur 2-3 Bücher über generelles Unterrichten angelesen und mir einiges an nützlichen Tipps aufgeschrieben. Da ich mit den Themen unseres Unterrichts auch etwas gefordert war, habe ich auch viel Zeit zum verarbeiten genutzt. Also kaum etwas für den Unterricht vorbereitet. Aber ich hatte ja noch eine Woche und mein Stoff ist auch nicht so schwer.
Die letzte Woche der Vorbereitung hat sich dann überraschend als Aufräum-Woche entpuppt. Wir haben die Klassenräume gesäubert, Möbel gewaschen, Fenster geputzt und Materialien sortiert. Danach mussten wir auch unseren Klassenraum etwas dekorieren. Und nebenbei die letzten Vorbereitungen für den ersten Schultag erledigen. Okay, die letzten Vorbereitungen wurden ca. 5 Minuten vor den regulären Beginn der Veranstaltung in Angriff genommen, aber so ist das in Honduras – wir haben auch 30 Minuten später angefangen. Aber somit war eine Woche vorbei, ohne dass ich wirklich Zeit hatte mich um den eigenen Vorbereitungen zu kümmern.
Um sicher zu gehen, dass alles gut Vorbereitet war habe ich mich am Sonntag vor den Schulbeginn noch einmal hingesetzt und am Unterricht, Dekoration, Sauberkeit und ersten Aktivitäten gearbeitet. Nach 10 Stunden Arbeitszeit war aber auch nur das nötigste geschafft und vieles auf der Liste noch offen.
Im Klassenzimmer
Am 03. Februar hatten wir dann unseren ersten Schultag. Unser geplantes Programm mit Anspiel, Lieder und Ansprache war etwas schneller zu Ende als gedacht, aber ich könnte die Zeit mit Aktivitäten überbrücken – dachte ich.
Als ich dann die Tür zum Klassenzimmer geöffnet habe folgte mir meine „Assistentin“ Shannon und dann 16 laut redende Drittklässler mit großen Schultaschen und hinter ihnen die Eltern mit noch größeren Materialtüten.
Top: Die Kinder haben ihre zugewiesenen Sitzplätze gefunden.
Flop: Kaum jemand hat englisch verstanden.
Dann wurden Frühstück ausgepackt, ich musste mich um Platz für die Materialien kümmern (da hinten auf den Boden), Fragen beantworten (hab ich nicht verstanden) und das „Ruhe schaffen“ habe ich gleich aufgegeben.
Die „Pause“ War irgendwann auch vorbei und die Eltern durfte ich für eine Stunde aus den Zimmer schicken. Meine Vorbereitete Aktivität war nun nicht mehr durchführbar, weil die dazu gedachten Karten auf den Tischen größtenteils verschwunden oder beschädigt waren. Also improvisieren, kurz etwas an die Tafel geschrieben und dann die Schüler gefragt. Wieder aber mit den Problemen einer allgemeinen Lautstärke, die es unmöglich machen alles etwas zu erklären, und das geringe Verstehen meines Englisch. Also wieder etwas anderes versuchen. Irgendwie ging die Zeit dann doch vorbei und nach einer Stunde mit den Kindern war ich total erschöpft.
„Hm. Das ist nicht so gelaufen wie ich es gedacht habe, aber da kann man sicher was machen.“ Dachte ich mir. Nach Absprache mit Shannon habe ich mich wieder hingesetzt um die anderen nötigen Vorbereitungen zu beenden. Der Unterricht beginnt um 8:00 mit 30 Minuten Bibel, also einer Andacht mit den Kindern, dazu musste ich noch was finden.
In dieser Zeit hat uns auch die Schulleiterin ausgeholfen und siehe da: die Kinder verstehen alles, was sie auf englisch sagt. Also haben wir versucht den Rest des Tages weiter zu machen. Noch nicht viel richtigen Unterricht, sondern Materialien organisieren und die ein oder andere Einführung. Aber alle Versuche die Klasse auf ein akzeptables Geräuschniveau zu bringen erwiesen sich als wirkungslos. Alles, was wir erklären wollten, wurde nicht verstanden. Es gab nichts, womit ich Ruhe schaffen konnte. Nichts was ich erklären konnte. Nichts, was ich von ihren Fragen verstand. Unterricht war unmöglich in diesen Zustand.
Anstatt zum Mittagessen zu gehen bin ich in mein Zimmer. Ich war völlig erschöpft und am Boden zerstört. „Ich kann das nicht!“ dachte ich. In der Tat hat Shannon diesen Tag fast alleine „unterrichtet“. Es war auch anstrengend für sie, aber sie ist da durch. Ich habe den Rest des Tages weinned im Zimmer verbracht.
Irgendwie, wahrscheinlich mit den Gedanken „Ich kann Shannon da nicht alleine lassen“, bin ich dann am nächsten Tag doch wieder in die Schule. Aber es wurde nicht besser. Vielleicht am Ende ein kleines bisschen, oder ich bin einfach gegen den Lärm abgestumpft, doch anstrengend blieb es trotzdem. So anstrengend, dass ich die kommenden Nachmittage verschiedene Dinge versucht habe wieder zu Kräften zu kommen. Lesen, schlafen, joggen, musizieren, wandern, puzzeln oder zeichnen. Die Vorbereitung auf den nächsten Unterricht war dann eher dürftig, aber in der dritten Klassenstufe ist das nicht so schwieriges Material. Doch was ich auch versucht habe, meine Energie und Motivation hat nur für die nächsten 5 Minuten Unterricht gereicht. Danach war es eher ein Überlebenskampf auf Notreserven.
Von meinen Erholungen hat wahrscheienlich das musizieren am besten geholfen. Ich habe mir meine Ukulele mit nach Honduras genommen. Leider war sie schon vorher etwas angeschlagen und ist dann kaputt in VIDA angekommen. Es hat ein paar Wochen gebraucht, bis ich einen guten Kleber hatte und sie reparieren konnte. Doch dann hat mich ein Bibelvers aus 1. Petrus 5 Vers 7 an ein Lied erinnert, welches ich dann häufig für mich selber gesungen habe. Das hat geholfen, und irgendwie habe ich das Unterrichten dann auch überlebt.
Youtube: Deroll Swayer: Cast your cares
Gemeindearbeit
Honduras war auch eine gute Gelegenheit für uns mehr in der Gemeinde aktiv zu werden. Im gesamten Zeitraum unser Anwesenheit waren wir von Matteson für die Predigten, Sabbatschule und die Andachten am Sonntag und Donnerstag zuständig, sowie einiger der Jugendtreffen am Sabbatnachmittag. Das heißt jeder von uns 12 durfte mindestens einmal predigen. Das war für einige eine neue und schöne Erfahrung. Im Dezember erst hatten wir unseren Unterricht zu Homiletik, sodass die Theorie zeitnah in Praxis umgesetzt werden konnte. Für mich war es nicht so neu. Meine erste richtige Predigt habe ich im vergangenen Jahr im Juni gehabt. Auch hatte ich vorher schon, im Zusammenhang mit mein Studium, den entsprechenden Unterricht.
Meine Predigt hatte ich am letzten Sonntag, den wir in der Gemeinde von Suyatal verbracht haben. Da hat mein Thema auch ganz gut gepasst. „Nach hause gehen“ Mit den Gedanken, dass ich endlich nach Hause möchte. Nicht zurück zu VIDA, nicht nach Norwegen oder Deutschland, sonder nach Hause in unsere Himmlische Heimat. Abraham ist ausgezogen aus seiner Familie, Arbeit, Freunde, Stadt um in die Heimat Gottes zu pilgern. Und im Glauben hat er diese schon gesehen – noch von ferne, aber sicher. Wie lange braucht es noch, bis wir endlich einziehen in die Wohnung, die für uns bereitet ist? Wie viele Pilger gehen noch von uns und haben Kanaan nur im Glauben gesehen? Gott ruft uns auch heute, wie Abraham damals, uns auf den Weg zu machen. Auf den Weg nach Hause. Eigentlich wollte ich dazu ein Lied von Melissa Otto singen, aber meine Stimme war etwas angeschlagen. Euch will ich es aber nicht vorenthalten und verlinke das Lied hier. Es ist ein Lied, was sehr zu mein Herzen spricht und was ich auch oft auf meiner Ukulele gespielt habe.
Youtube: Melissa Otto: „Take you home“
Neben den Ansprachen mussten wir uns nicht viel einbringen. Die Musik dort benötigt keine Unterstützung. Ein Programm vom Computer hat die Präsentationen aller Lieder und dazu die Musik mit Instrumenten und Gesang. Dieses wird meist ziemlich laut abgespielt, sodass man geradeso noch den ein oder anderen der Gemeinde singen hört. Dadurch gibt es viele kräftige Singstimmen in der Gemeinde, aber es fehlt etwas an fein-tuning. Das ist besonders zu merken, wenn die Jung außerhalb des Gottesdienst zweistimmig singen, oder pfeifen. Beides kommt sehr häufig vor. Dadurch konnte ich nicht wirklich mein Zimmer als Ruheort nutzen.
Natur
Weil ich ein Ausgleich zum Lärm in der Schule brauchte, und in mein Zimmer (fast auf den ganzen Gelände) keine Ruhe finden konnte, bin ich oft in die Berge gewandert um dort etwas die Natur zu genießen. Es ist wirklich angenehm, meine Hörgeräte auf voller Lautstärke zu haben und dann auf das sanfte Rauschen des Windes, das entspanende plätschern des Baches oder das fröhliche Zwitschern der Vögel zu lauschen. Auf den ersten Blick gibt es in Honduras nur diesen komischen schwarzen Vogel, quasi das Äquivalent zu unserer Amsel. Aber mit etwas Geduld und ruhigen Beobachten habe ich auch viele andere gesehen. Es gibt gelbe, grüne, rote, schwarze mit dicken Schnabel, große weiße Vögel, und auch ein Kolibri habe ich gesehen. Ich hatte leider nur eine einfache Einweg-Kamera dabei, mit der ich 39 Bilder machen konnte. Also habe ich nicht alle Vögel fotografiert. Manche waren auch sehr scheu, sodass ich irgendwann aufgehört habe sie durch den Wald zu verfolgen.
Wenn man sich die Zeit nimmt, dann kann man noch viele andere schöne und erstaunliche Dinge sehen, die auf den ersten Blick verborgen bleiben. Wenn ich irgendwann meine Bilder entwickelt bekomme, dann könnte ich davon etwas teigen.
Zusammenfassung
Ich habe noch ein, zwei Geschichten auf Lager, die ich aber separat posten werde. Dieser Beitrag ist auch schon lang genug. Aber ich habe eine kleine Zusammenfassung meiner Missionsreise in ein Lied gefasst. Eigentlich habe ich nur den Text umgeschrieben. Das Original wird in Honduras oft gesungen und heißt „Jesús es mi vida“ – Jesus ist mein Leben. Als mir aufgefallen ist, dass das Missionswerk VIDA heißt, habe ich mir gedacht, dass dieses Lied unbedingt umgeschrieben werden muss. So habe ich mich auf unseren Weg zum 5-Tage-Urlaub in Tela, an der Küste zur Karibik, dran gesetzt und den Text geschrieben. Das Lied ist in englisch, aber ich habe den Text mit ins Bild gepackt, vielleicht hilft es ja den ein oder anderen.
Ein Gedanke zu „Missionsreise nach Honduras“
Beeindruckendes Abschlusslied!